Buch- und Lese Club

Stichworte: Buchclub, Lesung
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Michael Schmal ist in unserer Region so etwas wie die graue Eminenz der Geschichtenerzähler. Wir freuen uns sehr über diese Zusammenarbeit, denn unter seiner Leitung findet seit Anfang des Jahres jeden 1. Dienstag im Monat im KULTurSPEICHER Ueckermünde ein Treffen lesebegeisterter Frauen und Männer statt, um sich über ihre Leidenschaft für Bücher auszutauschen.

Wegen der Corona Sicherheitsmaßnahmen mussten wir pausieren, aber im September geht es weiter. Bis dahin wird uns Michael Schmal mit Buchtipps die Zeit verkürzen, die wir hier auf unserer Website in lockerer Reihenfolge veröffentlichen werden .

 

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Jostein Gaardner „Der Geschichtenverkäufer“

Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, wo diese unendlich vielen Geschichten herkommen. Der menschliche Geist ist grenzenlos in seiner Phantasie und Vorstellungsgabe. Dabei gibt sich der eine mit einem einzigen Buch zufrieden und  der andere schreibt am laufenden Band. Die Veröffentlichung neuer Titel und Bücher ist schier unüberschaubar geworden. Ein Hoch auf alle auskunftsfähigen Buchhändler dieser Tage. Wie Rezensenten und Kritiker mit dem Lesen hinterher kommen, bleibt mir ein Geheimnis. In wie fern die „Geisterschreiber“(Ghostwriter) bei der Entstehung neuer Titel eine Rolle spiele, bleibt sicherlich auch ein wohl gehütetes Geheimnis. Hier ein interessanter Auszug eines Zitates der Wikipedia: „Ghostwriter werden im Auftrag eines Verlages, einer vermittelnden Agentur oder eines Autors tätig, insbesondere wenn der in der Titelei ausgewiesene Autor nicht genügend Zeit oder keine ausreichenden Fähigkeiten besitzt, um „sein“ Werk selbst zu  verfassen.“ Natürlich betrifft das keinen unserer Lieblingsautoren. Es war ja auch nur als Einleitung zu meinem Buchtipp gedacht.

Und natürlich ist Gaardners Roman auch nur eine Geschichte. Sein Geschichtenverkäufer ist ein ganz außergewöhnlicher Mensch. Manchen Autoren und Schriftstellern gehen sie einfach aus, ihm fliegen sie unablässig, nicht endend wollend, pausenlos zu, Geschichten. Schon als Schüler betreibt er einen schwung-haften Handel mit seine Ideen. Zuerst sind es Schulaufsätze, später ganze Romane. Bezahlt wird am Anfang mit Süßigkeiten, später mit weiblicher Zuneigung, am Ende mit harter Währung. Er wird nicht Schriftsteller, sondern Geschichtenverkäufer und der Erfolg ist über-wältigend. Nichts treibt ihn auf die Bühne des Literaturbetriebes. Er baut sich hinter dessen Kulissen ein kleines Imperium auf. Seine Klienten, Autoren aller Schattier-ungen. Niemand ahnt, dass er nicht der einzige Kunde des Geschichtenverkäufers ist und vom Gelegenheitsdichter bis zum Bestsellerautoren landen sie alle in seiner Kundenkartei. Aber wenn dann irgendwann der Punkt kommt, an dem man die Übersicht verliert und nicht mehr weiß, wem man was, wann und wo erzählt hat, dann wird’s brenzlig.

Wie lange kann das gut gehen. Was passiert wenn erste Gerüchte die Runde machen, erfolgsverwöhnte Autoren um ihr Geheimnis bangen und man unmerklich vom Geschichtenerzähler zu einem geheimnisvollen Manipulator wird. Und so findet sich „der Geschichtenerzähler“ urplötzlich in einer Geschichte wieder, die von ihm geschrieben sein könnte. Nur wird der Schluss diesmal nicht von ihm erzählt.

Michael Schmal